AM151 – Brief an Walter Gropius
Wien, Mittwoch, 6. Mai 1914 [= Poststempel]
Lieber
Wie ich lebe? —
Nach Kämpfen und Irrungen – wieder zu mir selbst gebracht! —
Ich bin reifer – freier – vor allem weiß ich, dass ich nichts zu suchen habe – weil ich in meinem Leben so viel \— alles/ gefunden habe. –
Ich stehe bei keinem Meilensteine – still! –
Willst Du meine Freundschaft – so hast Du sie. —
Ich habe den größten Wunsch – mit Dir zu sprechen. –
Dein Bild ist lieb und rein in mir – und Menschen, die so Seltsames – und Schönes miteinander erlebt haben – dürfen sich nicht verlieren. —
Komm – wenn Du Zeit und Freude dran hast – komm – her. —
Es ist keine Resignation, die mich all dies schreiben lässt, sondern erhellter neugeklärter Blick[.]
(und nicht mehr anders in diesem Leben).
[Postskriptum:] Es wäre schön, wenn Du sofort auf ein paar Tage kämst – weil ich dann wieder verreisen soll[.]
Ich werde einen ganzen Tag reden müssen[.] —
Apparat
Überlieferung
, , , .
Quellenbeschreibung
2 Bl. (4 b. S.) – Briefpapier; schwarze Tinte.
Beilagen
Umschlag, , – schwarze Tinte; Berlin | Kaiserin Augustastr.[aße] 68 | Walter Gropius; PSt. (lt. , S. 1140, t 6k20): [19]/1 WIEN 1[17] | -6.V.14 – 5 | * 3a *; rückseitig: fremdschr. Zusatz nach Übergabe an : „39“.
Druck
, S. 115, bei Anm. 151 (Auszug).
Korrespondenzstellen
keine.
Datierung
Absendedatum: „6. Mai 1914“ (, S. 115, Anm. 151).
Folgt Poststempel.
Übertragung/Mitarbeit
(Bettina Schuster)
(Elke Steinhauser)
wieder verreisen soll – Zusammen mit einer Abschrift eines Briefes von an vom 10. Mai 1914 legt der vorliegende Brief nahe, dass bereits an dessen Absendedatum, 6. Mai, oder tags darauf, spätestens aber am 8. Mai 1914 von ihrer Wohnung in Wien aus verreiste. Jedenfalls habe erst an diesem Tag („Freitag“, 8. Mai) ihre neue postalische Adresse erhalten (, S. 158) – voraussichtlich durch eine dritte Person. Denn wahrscheinlich ließ sie über ihren Standort in Unkenntnis, um ungestört mit ein paar Tage verbringen zu können. Dieses letztlich nicht realisierte Treffen hätte wahrscheinlich in Haus auf dem Semmering in Breitenstein stattfinden sollen, wo wenige Tage ohne verbrachte (s. auch Datierung von AM152 vom 12. Mai 1914), bis sie wieder verreisen soll[te].